Wie effektiv ist twittern? Zeitfresser oder Inspiration?
„Wie effektiv ist twittern?“ – Ist Twitter ein Zeitfresser, oder ist es Quelle der Inspiration? Ich bin hin- und hergerissen bei dieser Frage. Für die, die nicht mehr mehr als 140 Zeichen lesen können, dieser Artikel in Kurzform: Twitter erfordert ein hohes Maß an Multi-Tasking-Kompetenz, sonst wird man zum willenlosen Spielball zwischen News, Links und Voyerismus.
Wenn ich bei vielen Twitterern sehe, dass sie Hunderten, teilweise Tausenden folgen, dann frage ich mich: Wie geht das? Kann man tausend komischen Vögeln folgen? Was nimmt man überhaupt noch wahr? Und warum? Wie viel Zeit verbringt man damit, anderen zu folgen? Ist das Folgen nur ein Selbstzweck, damit die anderen einem selbst folgen?
Fragen über Fragen… Um meine Gedanken etwas zu ordnen, bastel ich mal ein paar Schubladen und legen die Tweets da rein. Das basiert natürlich auf meinen bisherigen Twitter-Erfahrungen. Dabei darf man nicht vergessen, dass ich mir eben ein paar Leute gezielt herausgesucht habe. Kann sein Mit Sicherheit hat der Twitter-Schrank noch viel mehr Schubladen.
Der „Privatkram“ – Was mache ich gerade…
Für mich ist Twitter ein „fachliches“ Medium. Es interessiert mich eigentlich überhaupt nicht, was Leute, die ich nicht kenne, in hunderten von Kilometern Entfernung gerade machen. Aber auch die, denen ich folge, schreiben von Zeit zu Zeit aus unerfindlichen Gründen darüber. Naja, meist kann man darüber schmunzeln. Es macht die Sache bzw. die Personen menschlicher und sympatischer. Man nimmt ja fast an deren Leben teil (z.B. @NerdInSkirt). Im Grunde ist es eine Art von Voyerismus. Eine Art Fan-Follow. Twitter ist fast eine Art web-Soap. Und wie die TV-Soap frisst sie Zeit. Viel Zeit, wenn man sich darauf einlässt. Glücklicherweise bin ich in diesem Punkt relativ resistent. Anders als beim Folgenden…
Interessante Links tweeten
Viele Tweets enthalten „Entdeckungen“ bzw. Empfehlungen von Webseiten. Im minutentakt prasseln interessante Links auf einen nieder. Und in den allermeisten Fällen sind es tatsächlich interessante Seiten, die empfohlen werden. Das ist der Vor- und der Nachteil. Denn wenn man den ganzen Tag nur schöne Artikel lesen kann und will, dann ist Twitter ideal. Aber dazu, oh niederträchtige Welt, reicht meine Zeit nicht aus. Ich bin es meinen Geldgebern schuldig, dass ich auch hin und wieder für sie arbeite (hoffentlich lesen die das nicht :D ) Daher kann ich Twitter nur von Zeit zu Zeit mal aktualisieren und schauen, was gerade oben auf liegt. Und hier kommt die besagte „Multitasking-Kompetenz“ wieder ins Spiel.
Multi-tasking oder arbeitslos?
Bei mir sieht das in letzter Zeit etwas so aus: Ich stecke mitten in der Arbeit am aktuellen Projekt. Alle 30 Minuten treibt es mich, Twitter zu aktualisieren. Dann überfliege ich flugs die angezeigten Tweets. Meist interessieren mich drei oder vier Links. Ich ringe mit mir (weil ich ja eigentlich nur mal schnell schauen wollte, was es Neues gibt…), denke kurz an mein Projekt und will nur mal – gaaaanz kurz – den ersten Link anlesen. Der ist dann recht interessant, und sofort bin ich mit den Gedanken bei dem Thema. Ach nein, keine Zeit… Noch mal schnell den zweiten Link anlesen… Ah, ja, … ach, spannend… Ich könne mal … Nein, break, weiterarbeiten… Und so geht das den ganzen lieben langen Tag. Ich vertrödel meine Arbeit, und komme auch nicht dazu, die interessanten Artikel zu vertiefen. Wie im Beispiel beschrieben, schaffe ich sowieso nur ein oder zwei der drei oder vier Links. Irgendwie bleibt alles an der Oberfläche, ist schnell wieder weg, und dass meiste habe ich sowieso nicht geschafft. Und meine arbeit, naja, dass muss ich in den Abendstunden aufholen. Twitter ist frustrierend…
Twitter-Diskussionen
Von Zeit zu Zeit, aber nur höchst selten, kommt es bei Twitter auch mal zu einer fachlichen Diskussion. Oder besser gesagt, zum fachlichen Austausch von Phrasen und Kürzeln. Aber immerhin… Ich habe vor ein paar Tagen mal eine solche Diskussion per Screenshots dokumentiert. Das verrückte ist, dass ich die Diskussion erst heute kapiert habe. Und zwar, als ich das entsprechende Bild zusammengebastelt habe (siehe unten). Es sind 19 Tweets. Das ursprünglich Screenshot-Bild hatte über 50 Tweets. Ich habe alle „überflüssigen Tweets“ herausmontiert. Erst dadurch erschließt sich der Zusammenhang. Glücklicherweise folge ich offenbar allen Protagonisten, so dass es keine Lücken gibt. Wer es nicht weiss: Twitter muss man von unten nach oben lesen…
Dann verliert sich die Spur… Die Beteiligten:@seonaut, @seo2feel, @MarkusWalter, @dernetteseo, @tameco, @pktweets. Kurz zum Inhalt: Der Seonaut hat eine sehr spannende Frage angestoßen: Können nicht-relvante URLs in Kommentaren zu einer Penalty führen. Oder, anders herum: Sind ausgehende Kommentatoren-Links ein Ranking-Faktor? Ich beschäftige mich schon seit Wochen mit der Frage… dazu an anderer Stelle mehr. Hier geht es um die Frage, wie effektiv twittern ist…
Twitter-Follow-Geiz: Wie vielen Vögeln kann man folgen?
Ich folge zur Zeit etwa fünfzig Leuten. Das sieht nach Twitter-Follow-Geiz aus. Dennoch sind es schon zu viel, um alles mit zu bekommen. Es ist ein Kompromiss. Womit ich auch schon zum Ende komme. Für mich bedeutet Twitter: das meiste viel verpassen. Je mehr Leuten man folgt, um so mehr verpasst man.
Twitter findet immer real-time statt. Man kann sich leider nicht die fünf interessantesten Links des Tages anzeigen lassen (@seounited: wär das nicht was?). Also verführt Twitter zum Zwischendurch. Das macht die Sache oberflächlich, und es lenkt ab. Twitter kostet Gedanken und Zeit, die man überhaupt nicht zielorientiert investiert.
Fazit: Twitter ist uneffektiv, lenkt von der Arbeit ab und frisst Zeit. Jeder halbwegs vernünftige und disziplinierte Mensch sollte sich sagen: „Mein lieber Freund, hör auf mit Twitter!“ … Aber: ich folge vielen Leuten, die echt interessante Themen und Links ausgraben. Und auch wenn ich vieles nur oberflächlich anlesen kann, so werden doch immer neue Gedanken angestoßen. Und das ist der Grund, weshalb ich Twitter nicht mehr missen möchte: Es ist einfach eine gigatische Inspirationsquelle. Wer einmal keine Idee mehr hat: twitter, und dein Kopf quillt über.
So gesehen ist Twitter doch nicht uneffektiv. Ich muss nur mein Twitter-Verhalten optimieren. Wie das gehen soll, weiß ich allerdings noch nicht :-)
Weiterführende Artikel
- Twitter Spam Follower: Gut für die Statistik – oder besser löschen?
- Wem nutzt Twitter? Wie riskant ist twittern?
- „Wie effektiv ist Twitter“ ist das Thema der Woche beim Webmaster Friday.
14 Gedanken zu „Wie effektiv ist twittern? Zeitfresser oder Inspiration?“
Ich twittere nicht und werde mich so rasch nicht anstecken lassen. Das Internet macht einen süchtig – twittern trägt noch mehr dazu bei. Ich kann es irgendwie nachvollziehen, da ich das Internet schon seit vielen Jahren habe, zu meinen besten Zeiten aktiv in Foren unterwegs war und damals ebenfalls schon einen Blog betrieb. Man will seinen Lesern immer was Neues bieten und setzt sich unter Druck. Beim Twittern noch mehr, da es den Tagesablauf darstellen soll.
Was soll man da sagen? Twitter Nachrichten Online Dienst nr 1 der Zukunft??? Ich sage mal jein, im Moment sehr beliebt und genutzt auch Persönliche von mir. Somit kann man sich den einen oder anderen User noch schnappen. Zurzeit ist youtube die SCHNELLSTE Möglichkeit Nachrichten auszutauschen, gefolgt von Twitter. Lustig wird es, wenn Twitter ihre Dienste hinsichtlich von Social und web 3.0 erweitert dann werden die wohl noch mehr Twitterer an dieser Sucht zu Twittern teilnehmen. Da stellt sich doch wieder die Frage, wohin geht das Internet hin mit der Zeit??? Doch lieber MASSE mit MASSE bekämpfen oder MASSE aussortieren und auf eine Minimum an Qualität beschränken??? Oder doch beides oder doch lieber weitere Dienste solcher art?
Die Zukunft ist im Wandel und auch das Internet in 3-4 Jahren wird alles ganz anders aussehen…
Ich finde Twitter auch irgendwo sinnlos, die Twitts gehen einfach zu oft in der Masse unter.
Also eigentlich findest du an Twitter nur die Links nützlich ;)
Hahaha – oups. Ja, genau. Du meinst, dass hätte ich auch kürzer formulieren können :-)
Danke für den Hinweis…
Sogar in 140 Zeichen ;)
Twitter ist der Ticker des Gegenwart und das fast 1:1. D.h. wenn man nicht gerade mitverfolgt, was passiert, ist es schon wieder im Nebel der Tweets untergegangen.
Ich hole mir ab und zu Inspiration und Ablenkung mithilfe von Links, die getwittert werden. Übrigens (fast) der einzige sinnvolle Zweck von Twitter in meinen Augen.
Dank der Suche kann man zu relevanten Themen schnell aktuelle Links zusammensuchen. Die Suchmaschine der Zukunft?
Ich teile übrigens absolut deine Meinung.
Twitter kann ganz nützlich sein als News-Aggregator, aber sonst kann ich persönlich dem Hype nicht sonderlich viel abgewinnen. Ich denke ob jemand Gefallen an Twitter findet, hängt im Gegensatz zu vielen anderen Webdiensten sehr stark von der Persönlichkeit des potentiellen Nutzers ab.
Ich verwende als Aggregator ganz schlicht meine Bookmarks, wo ich einige Blogs und Foren habe. Da weiß ich dann die Qualität auch direkt einzuschätzen ;) Andere haben RSS Reader und wieder andere verwenden Twitter.
Vielleicht mutiert Twitter auch langfristig nur zu einem Aggregator, denn vorallem die Twitterfans werden mMn auch schnell zum nächsten Hype springen, wenn mit 140 Zeichen bereits alles einmal gesagt wurde.
Hallo Martin, sehr schöner Artikel! Ich habe ja nun auch seit einigen Tag einen Twitter-Account und folge bisher gerade mal 11 Leuten – und dennoch ist der Informations-Overflow jetzt schon gewaltig! Ich hab gar keine Zeit alles zu lesen und reagieren inzwischen sogar leicht genervt, wenn mein Twitterfox wieder automatisch ein Päckchen mit dutzenden neuen Tweets für mich hat. Besonders wenn es – wie du schon sagst – die x-te „Ich war gerade einkaufen“-Message war. Sicher sieht man sich auch die eine oder andere interessante Information heraus, aber grundsätzlich ist Twittern IMHO ein Fulltime-Job. Leider fehlt mir die Zeit dafür und ich muss mal schauen, wie lange ich mir dies noch antue…
@Moritz: Die Suchmaschine von Twitter ist tatsächlich verblüffend. Nachteil ist nur, dass nicht die Relevanz, sondern die Akualität am Wichtigsten ist. Naja, Relevanz bei 140 Zeichen wird man wohl nicht ermitteln können
@Felix: Guter Gedanke. Wer das Schnelle und oberflächliche mag, der ist auch schnell wieder weg…
@Dennis: Ich habe heute erst (Schande) die Favoriten-Funktion entdeckt. Ab nun will ich mir die (scheinbar) interessanten Links eine favorisieren und dann erst Abends, wenn Ruhe ist, mal durchgehen. Mal sehen, obs was bringt. Nutzt noch jemand die Favoriten?
Gruß, Martin
@tagSeoBlog:
Relevanz ist generell schwer objektiv zu beurteilen. Für jeden ist etwas anderes wichtig. Kann man nicht mittels Hashtags gewissen Konversationen nachvollziehen?? Diese Funktion ist mir noch nicht so ganz klar geworden.
Die Favoriten-Funktion habe ich auch erst gerade entdeckt. Da ich Twitter kaum über die eigentliche Website nutze, sondern über ein Tool, das diese Funktion nicht anbietet, ist das (noch) nicht für mich.
Wenn man sparsam mit dem Stern-Vergeben umgeht, kann das wirklich einen Zeitvorteil bringen. Ich denke das Hauptproblem ist, das man den i.d.R. verkürzten Links nicht ansieht wohin sie führen. Den Links kann man ja meistens doch schon ansehen ob die relevant sind oder nicht (gewisse Twitter-Apps können die Links aber entschlüsselt darstellen).
Nutzt ihr Twitter-Apps oder geht ihr über twitter.com rein?
@Moritz: Gute Frage. Ich benutze twitter.com. Vielleicht wäre eine App tatsächlich besser.
Außerdem ist mir bei Deiner Bemerkung zu den Links noch mal klar geworden, wie wichtig die „richtige“ Beschreibung bzw. Begründung des Links eigentlich ist. Man muss einfach richtig knackig, kurz und bündig formulieren können.
Also meiner meinung nach ist twittern eher was für menschen mit zu viel zeit und einem hang zum tratsch. Mich interessiert nicht wirklich zu jedem Zeitpunkt was alle anderen gerade machen, bzw. entwickelt sich da sicher auch so eine Art Verpflichtung den Status mehrmals täglich zu ändern, …. darauf hätte ich keine Lust… :-(
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Ich bin ja erfreut, dass wenigstens die richtige Schlußfolgerung kam „ich muß mich optimieren“. ;))
Die Standardantwort dazu lautet immer:
schmeißt du deinen Fernseher weg, weil er hunderte Channels empfangen kann? Das Radiogerät?
Boykotierst Du Buchhandlungen, weil sie mehr Bücher haben als Du lesen kannst?
Nein, nein und nein – weil wir gelernt haben effizient damit umzugehen. ;)
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