Klage Freelens gegen Google Bildersuche: Stand der Dinge
Seit Einführung der neuen Google Bildersuche spüren Tausende von kreativen Website-Betreibern einen zum Teil dramatischen Rückgang ihrer Besucherzahlen. Der Fotografen-Verband Freelens hat relativ zügig noch Ende März eine Klage gegen Google eingereicht (hier der Freelens-Artikel vom 29.3.2017). Doch seither hört man nichts mehr darüber. Ich habe heute mit dem Geschäftsführer Lutz Fischmann telefoniert.
Wer jetzt nicht weiß, worum es geht, hier noch mal die Zusammenfassung: Das Zeigen der hochauflösenden Bilder direkt in der Google Bildersuche führt dazu, das sehr viel weniger Besucher noch die eigentlichen Bild-Quellwebsite öffnen. Damit entfällt komplett die Möglichkeit einer weiteren „Nutzung“, sei es durch Monetarisierung, Brandbuilding, Anbieten von Nutzungsrechten, Verweise zu weiteren Angeboten oder was auch immer.
Nach dem Feedback was ich bekommen habe, und nach Auswertung von 5 größeren meiner Projekte, die jeweils mindestens 1000 Besucher pro Tag haben, kann man wohl weitgehend verallgemeinern: ca. 80% des Bildersuchetraffics sind weggefallen. Oder anders: seit Februar hat man nur noch rund 20% der Besucher, die man vorher hatte.
Stand der Dinge
Die Klageschrift von Freelens ist beim Hamburger Landgericht eingereicht worden – und die Klageschrift wurde an Google zugestellt.
Das ist es!
Warum zieht sich das so hin? Zunächst hat Google eine Kanzlei mit dem Fall beauftragt. Dann muss die Klageschrift rechtssicher übersetzt werden, weil Google seinen Sitz in den USA hat. Google macht nun von seinem Recht Gebrauch, auf die Klageschrift mit einer ersten Stellungnahme zu antworten. Dafür gab es eine Fristverlängerung.
Die Frist zur Abgabe von Googles erster Stellungnahme endet am 2.Oktober 2017.
Dann erst beginnt das eigentliche Verfahren mit dem Austausch von Schriftsätzen, bevor das Gericht einen Verhandlungstermin ansetzt. Herr Fischmann hofft, dass die erste Sitzung noch in diesem Jahr stattfindet.
Wenn es so kommt, ist das erste Urteil im Sommer 2018 zu erwarten.
Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass Google Revision Berufung [Korrektur] einlegen wird (wenn es denn so kommt, dass Google unterliegt bzw. das Urheberrecht gewinnt). Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht würde sich vermutlich erneut mindestens 1 Jahr hinziehen (2019). Die mögliches, nächste Revision würde vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Das wäre dann die letzte bzw. oberste Instanz, und mit einem endgültigen, bindenden Urteil ist demnach frühestens im Jahr 2020 zu rechnen.
Puh … Bis dahin haben sich viele Workflows und Nutzungsgewohnheiten längst verändert. Ob das, was wir heute unter Urheberrecht verstehen, dann überhaupt noch so Bestand hat, ist fraglich. Die Strategie von Google ist offensichtlich: die Sache in die Länge ziehen…
Es ist einfach extrem bedauerlich, dass sich juristische Prozesse so endlos lang hinziehen. Obwohl der Fall doch so klar und eindeutig ist: Google nutzt die großen Bilder in einer eigenen Anwendung, die eben nicht mehr eine Suchmaschine ist, sondern eine Bilder-App. Mich würde mal interessieren, ob wir denn eigentlich am Ende des Prozesses mit einer finanziellen Entschädigung rechnen können und wie hoch die dann ist?
Aber nein, ich rege mich jetzt nicht auf, sondern verweise einfach an dieser Stelle auf die alten Artikel aus dem Februar:
- Argumente gegen die neue Google Bildersuche in Deutschland (8.2.2017)
- Neue Google Bildersuche – was nun? Welche Maßnahmen? (16.2.2017)
- Besucher-Rückgang wegen neuer Google Bildersuche, konkrete Zahlen (14.2.2017)
- Anleitung zum rechtskonformen Bilderklau im Internet (11.2.2017)
Wie sieht es bei Euch aus? Wirkt sich der Wegfall der Bilder-Besucher spürbar aus?
15 Gedanken zu „Klage Freelens gegen Google Bildersuche: Stand der Dinge“
Riesigen Dank für dieses Update!
Off Topic, Linktipp: „US-Wissenschaftler loben EU-Strafe gegen Google und werden gefeuert“
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/09/04/us-wissenschaftler-loben-eu-strafe-gegen-google-und-werden-gefeuert/
Sehr interessanter Beitrag und auch sehr publicitywirksam für einen Fotografenverband.
Was allerdings zu bedenken ist – es wurde bereits schon einmal versucht gegen die Google Bildersuche juristisch vorzugehen. Diese wurde gegen die Klägerin entschieden, da der Betreiber einer Webseite durch einen einfachen Eintrag in seine robots.txt jederzeit die Möglichkeit hat eine Suchmaschine wie „Google“ ausschließen.
Es wäre also nicht unwahrscheinlich das sich diese Aktion als Rohrkrepierer entpuppt. Ob die Mitgliedsbeiträge der FreeLens Fotografen nicht anders sinnvoller verwendet werden könnten, mag der Leser dieses Artikels jedoch selbst entscheiden.
Du meinst vermutlich das „Thumbnail-Urteil“, das aber ganz anders gelagert war. Gegen eine Indexierung im Rahmen einer „Suchmaschine“ (!!!), haben viele nichts einzuwenden. Im Gegenteil, viele Kreative haben – so wie jeder Shop z.B. – ein Interesse daran, über Google gefunden zu werden. Im aktuellen Fall geht es aber um das Gesamtbild an sich. Google tritt also nicht mehr als „Suchmaschine“ auf, die Suchende weiterleitet – sondern eignet sich die Inhalte einfach an. Aus der Suchmaschine ist damit eine „Bilder-App“ geworden – und das verstößt klar gegen die Interssen der Rechteinhaber.
Man kann auch leider nicht in der Robots-txt differenzieren, nach dem Motto: Thumbnail ist ok, aber nur, wenn das große Bild bei mir angezeigt wird…
@Mißfeldt
Hallo, inhaltlich und vom technischen her sind deine Einwände schon richtig.
Praktisch aber, diejenigen Bildverwerter die korrekt lizenzieren wollen, werden sich auch die Mühe machen die Webseite der Veröffentlichung zu besuchen um dort den Rechteinhaber ausfindig zu machen. Dieses müssen sie auch um ihrer Sorgfaltspflicht ausreichend nachzukommen.
Für die anderen die ein Bild suchen um es ungenehmigt zu nutzen ist es egal ob sie sich das Bild von einer Webseite oder direkt aus der Google-Bildersuche kopieren.
Wer natürlich Wert darauf legt das weiterhin seine Statistik über die Besucherzahlen weiterhin stimmt um sein EGO zu pflegen, der wird Einbußen in den Nutzerzahlen hinnehmen müssen. Welchen finanziellen Nachteile allerdings die Rechteinhaber dadurch erleiden sollen erschliesst sich mir nicht.
Stimmt soweit. Du vergisst dabei aber, dass es inzwischen viel mehr Möglichkeiten gibt, um Traffic zu monetarisieren. Zum Beispiel über Affiliate-Links…
Wenn ich zum Beispiel einen Artikel über die Funktionsweise eines Mikroskops schreibe und dafür eine Grafik erstelle – dann war es bisher so, dass die Besucher über die Google-Bildersuche auf meine Seite gelangten – und sich den Artikel durchlesen. Ca. 3-5 Prozent der Leser haben in dem Zusammenhang durchaus das Interesse, sich ein Mikroskop zu kaufen – und auf meiner Website werden sie auf Unterseiten aufmerksam, was man dabei beachten sollten. Die lassen sich also, weil sie auf meiner Seite sind, dazu animieren, ihren Kauf über meine Affiliate-Links zu tätigen.
Diese Modell ist inzwischen durchaus verbreitet: Gute Ihalte im Rahmen eine Kauf-Recherche. Wenn die dafür erstellten Bilder und Grafiken nun nicht mehr auf meine Seiten führen, verliere ich diese Einnahme-Möglichkeit. Und das ist nur ein Beispiel von vielen…
@Mißfeldt
Hallo, Danke auch für diese Antwort. Dazu will ich folgendes anmerken.
Soweit ich das richtig verstanden habe klagt hier der Fotografenverband FreeLens aus Hamburg. Und dies scheint, soweit ich mir darüber ein Bild machen konnte, ein Verband zu sein in dem sich professionelle Fotojournalisten organisiert haben…?
Und spätestens nach deiner letzten Antwort stellt sich mir nun die Frage – geht es um Bildlizenzierung um daraus Einnahmen zu erzielen, oder leben diese Fotografen auch alle mittlerweile von Affiliate-Links oder Google Ads.
Das klingt so, als dürfe es nur einen Grund bzw. eine Berufsgruppe geben, die gegen die neue Google Bildersuche ist. Nein, im Gegenteil, die neue Bildersuche ist ein grundlegender Eingriff in der Urheber- und speziell des Nutzungsrechts. Letztlich ist es egal, wie die konkrtee Benachteiligung im Einzelfall aussieht (finde ich).
Dass „nur“ Freelens klagt, liegt vermutlich auch daran, dass der Verband der Bildenden Künstler noch gar nicht weiß, was das Internet ist (ok, überspitzt ;-), und andere Betroffene gar nicht organisiert sind. Da ist es doch gut und dankenswert, das Freelens das quasi für alle übernimmt, weil die Argumentation am Ende doch immer ähnlich ist: man verliert sein „Nutzungsrecht“, das im Urheberrecht begründet ist.
@Mißfeldt
Hallo, ich kenne den Verband der Bildenden Künstler leider nicht und auch nicht deren Arbeit für seine Mitglieder.
„das Freelens das quasi für alle übernimmt“
stimmt übrigens so auch nicht.
1.) Erstmal sind Urteile für andere Gerichte nicht bindend – d.h. selbst wenn ein Urteil positiv ergeht könnte das bedeuten das jeder Fotograf sich selbst durch die Instanzen klagen müsste um gleiches durchzusetzen.
2.) Desweiteren soweit mir bekannt, sind Verbandsklagen nur in Ausnahmefällen zulässig. Ob diese Ausnahme zutrifft bei der Klage von FreeLens wäre erstmal dann von Interesse für alle Fotografen bzw. den Leser hier. Wenn also nur vielleicht stellvertretend für einen Fotografen geklagt wird, was dann?
Ist es so kompliziert?
Entweder Google nutzen um -zumindest teilweise- Traffic kostenlos zu bekommen oder eben Google aussperren und nicht mitspielen.
Wieso versteht ihr das nicht:
Ihr wollt einerseits google anweisen, das bitteschön so zu gestalten wie ihr es für richtig handelt, andererseits seit ihr aber auch nicht bereit google ganz auszusperren.
Fakt ist doch – niemand wird gezwungen google zu benutzen. Es gibt andere Suchmaschinen. Wenn alle, die das Vorgehen von google nicht wollen, aussteigen, wird es andere Suchmaschinen geben die genutzt werden.
Zur alten Bildersuche hat heute der BGH geurteilt. Bisher gibt es nur die Prerssemitteilung dazu:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2017&Sort=3&nr=79566&pos=0&anz=146
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