Bing VisualSearch: Bildersuche im Internet neu definiert
Microsoft treibt seine Suchmaschine-Bing weiter voran. Auf der Suche nach der Gunst der User hat der Redmonder Konzern heute eine völlig neuartige Form der Bildersuche öffentlich gemacht. Die Seite befindet sich jedoch noch in einem Teststadium („VisualSearch BETA“). Außerdem ist sie bisher nur auf der US-Version von bing zu finden. Das allein ist schon interessant: denn die Methode der öffentlichen Testplattform hat bisher Google genutzt, um neue Features vorzustellen. Offenbar hat Microsoft nun auch erkannt, dass die fließende Weiterentwicklung mit Testseites eine gute Möglichkeit ist, die Webmaster- und Tecci-Szenen bei Laune zu halten und im Gespräch zu bleiben.
Zunächst zu der Frage, wie man die „Visualsearch“ von bing überhaupt aufrufen kann. Die übersichtliche Grafik links zeigt den Weg: zunächst www.bing.com aufrufen, dann oben rechts auf die Länderauswahl klicken. Dort dann rechts unten „United States – English (USA – Englisch)“ auswählen. Anschließend lässt sich unter dieser URL die VisualSearch aufrufen.
Nach dem bing-Start vor einigen Monaten habe ich die Bing-Bildersuche für sehr gut befunden. (hier der damalige Artikel: „Bing Bildersuche – Was kann Microsofts neue, äh… – Entscheidungsmaschine?„) Mein Hauptargument war die gute Usability. Alle Features und Filter sind sehr übersichtlich in der linken Sidebar zu finden. Der wesentliche Unterschied zur Google-Bildersuche war daneben, dass die Bildersuche bei Bing nicht „geblättert“ werden braucht. Die Bilder laden sich beim Scrollen einfach nach. Man könnte im besten Werbejargon sagen: bei Bing spart man Klicks.
Voraussetzung Silverlight
Die neue VisualSearch erfordert Silverlight. Microsoft nutzt also die Neugier, um sein Flash-Pendant weiter zu verbreiten. Vermutlich werden auch tatsächlich diese Hürde nehmen. Die Installation von Silverlight ist auch tatsächlich sehr einfach und erfordert noch nicht einmal einen Restart des Browser.
Hat man nun endlich die Seite aufgerufen, glaubt man zunächst einmal in einer „Galerie-Anwendung“ gelandet zu sein. In thematischen Koffern werden verschiedene Themen angeboten. Diese Bilderkoffer enthalten eine bestimmte Anzahl von ausgewählten Bildern.
VisualSearch Seitenaufbau – gefühlte Beschleunigung
Der größte Unterschied zu bisher bekannten Bildersuchmaschinen ist sicherlich ein neues „Bediengefühl„. Der Aufbau einer Seite ist weich und lebendig animiert. Die Bilder verschieben sich, wenn man den Filter ändert. Andere verschwinden und neue werden von unten aus dem Nichts hereingefahren. Diese Animationsspielerei erinnert irgendwie an Apple – und es ist zu erwarten, dass viele „Einfach mal angucken“-Besucher das total cool finden. Das Prinzip dahinter ist klar: Die Suchanfrage kostet Zeit. Aber statt eine oder mehrere Sekunden warten zu müssen, startet Bing unmittelbar nach dem Klick die Animation. Der Ladevorgang dauert im Prinzip genauso lange wie vorher bzw. wie bei anderen. Aber man hat das Gefühl, das Ergebnis sei viel schneller da. Und es wirkt leicht, lebendig und freundlich – kurz: sympathisch. Sehr clever gemacht, finde ich.
Neue Features und Filter
Hinter dieser psychologischen „Spielerei“ findet man dann allerdings noch viel mehr: eine Vielzahl von neuen Filterfunktionen. Und vor allem: „Bewertungsfunktionen“. In der Ankündigungsseite rühmt Microsoft vor allem, dass man so leichter Informationen finden kann, die man zwar als Bild, aber nicht mehr begrifflich im Kopf hat. Als Beispiel wird ein Kinofilm genannt. In der VisualSearch gibt es entsprechende Rubriken. Aber natürlich spielen die Produktsuche (wie auch die Unterrubriken „Cars“ oder „Handbags“) eine zentrale Rolle.
Doch zunächst: Microsoft erwartet vom Besucher ein komplettes Umdenken. Denn bisher wurden die Top-Treffer immer von links nach rechts und von oben nach unten angezeigt. Das Top-Ergebnis war demnach links oben. Bei der Visual-Search ist das anders. Durch die angedeutete räumliche Staffelung ist die unterste Reihe diejenige, die am größten dargestellt wird. Folglich befindet sich der Toptreffer unten links. Diese „Darstellungsrevolution“ bricht mit den festgefahrenen Browser-Lesekonventionen und erfordert von vielen ein Umdenken. Ich bin gespannt, ob das alle mitmachen (wollen). Auf jeden Fall ein mutiger Schritt von Microsoft, der auch Grundfesten der Web-Usability in Frage stellt.
Für die Suchergebnisse greift bing auf verschiedene Anbieter zurück. Unten rechts ist jeweils eine Liste eingeblendet, woher die Daten kommen.
Bing-Popularität als Qualitätsfilter
Interessant, aber auch etwas verwirrend, ist die Bing-Popularität – zu finden in vielen Galerien oben unter „Sortierung“. Man kann die Bilder also nicht nur alphabetisch oder nach Datum ordnen lassen, sondern auch nach der Klickhäufigkeit innerhalb von bing. Ein sehr interessanter Ansatz, wie ich finde. Die Bildersuche wird damit in die Nähe des Social Web gerückt. Wenn Microsoft dieses Feature mit anderen großen Diensten verknüpfen kann, wird aus diesem Feature ein mächtiges Trend-tool, dass für jederman, nicht nur für Spezialisten (wie Google-Trends) nutzbar wird. Witzig, dass man auch nach den „am wenigsten Prominenten suchen kann“.
VisualSearch Details: noch nicht ganz ausgereift
Es gibt aus meiner Sicht ein paar Punkte, die noch nicht konsistent oder ausgereift sind.
Das betrifft in erster Linie die Usability. Der „Zurück-Button, mit dem man auf die hauptseite zurückfindet, ist links unten sehr unglücklich platziert. Das ist aber möglicherweise nur ein BETA-Übergangskonstrukt.
Weiterhin frage ich mich, warum die Sortier-Auswahl oben angeordnet ist. Das wirkt so unaufgeräumt und „eben-mal-noch-reingebastelt“ – so wie bei der Google-Bildersuche. Warum nicht auch links?
Etwas störend ist auch die Texteinblendung zum jeweiligen Bild bei Rollover. Statt einen Layer neben dem Bild einzublenden, zeigt bing die Textinfo zum Bild ganz oben, unterhalb des Suchfeldes. Das ist nicht optimal, weil man beim schnellen Überfliegen ständig mit dem Blickfokus hin und her wandern muss. Anstrengend.
Lustig ist das Alter, das man bei den „Popular Celebrities“ wählen kann. Leider zeigt der Schieberegler nur „1100 – 9300“ an. Egal, was man einstellt, es wird nie ein Treffer angezeigt. Logisch, welcher Promi ist auch schon älter als 1.110 Jahre.
Eine merkwürdige Inkonsistenz ist die wechselnde Darstellungsform. Solange man „nur“ eine der oben angebotenen Sortier-Funktionen benutzt, ist die Darstellung „Pseudo-3D“. Aber wenn man eine Filterfunktion auf der linken Seite wählt, werden die Bild flach nebeneinander gezeigt. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vielleicht testet Microsoft hier noch…
Zum Schluss will ich noch erwähnen, dass mich die VisualSearch-interne Scrollleiste rechts nervt. Das Scrollen wird wie schon bei der bisherigen bing-Bildersuche nicht über den Browser, sondern über die „Anwendung“ geregelt. Leider sind die Scroll-Elemente nicht schön zu bedienen. Zu klein, zu unauffällig und zu träge, finde ich. Außerdem werden längere „3D-Listen“ solange gescrollt, bis nur noch eine Zeile unten stehen bleibt. Das Tuning ist da nicht richtig programmiert. Naja, ist ja noch eine BETA-Version.
Wie geht es weiter? Was wird aus VisualSearch?
Die Frage wird sein, ob die visualSearch auch in Zukunft nur ausgewählten Datenquellen einbindet oder sich dem gesamten Web öffnen kann. Denn für viele Suchanfragen wird man sicherlich das gesamte Internet als potentielle Datenquelle nutzen wollen. Und erst dann wird sich zeigen, ob die VisualSearch als Anwendung für die Massen eine Konkurrent zu den bekannten Suchmaschinen ist.
Der wahrscheinlich interessanteste Ansatzpunkt ist die visualSearch-Produktsuche. Ich habe jetzt keine Statistische Quelle parat, aber es scheint mir vollkommen klar, dass die visuelle Suche wesentlich „anregender“ ist als die reine Textsuche. Während die bisher bekannte Produktsuche irgendwie wie ein Stöbern in den Gebrauchtanzeigen einer abgeranzten Tageszeitung wirkt, erstrahlt die bing-Visualserach plötzlich wie die schicke Ladengalerie einer Flaniermeile. Ich bin mir sicher, dass sich diese Art von Produktangeboten durchsetzen wird, wenn die Zielgruppe sie erst einmal kennengelernt hat. Nur, und das ist die spannende Frage: schafft es Microsoft, nicht nur dusselige Webmaster von den Vorzügen zu überzeugen, sondern auch die Konsumenten-Massen? Falls ja, halte ich die VisualSearch für ein attraktives Suchinstrument, in das sich sicherlich auch sehr effektiv Werbekunden einbinden lassen.
Fazit: Microsoft mischt die Bildersuche neu
Ich finde, Microsoft wirft mit der VisualSearch einen hochinteressanten und neuen Ansatz zur Bildersuche in den Ring. Mutig und teilweise revolutionär. Da steckt viel Potential darin. Die Beta-Version ist zwar noch voller kleiner Fehler und Inkonsistenzen, aber die Richtung ist klar: die Produktsuche wird mit der Anwendung um ein Vielfaches attraktiver. Schluss mit verstaubten User-Standards. Und das Beste an der Sache: nun ist Google im Zugzwang. Ich bin gespannt, was man dort auf Lager hat…
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- SeoUnited: Bing Visual Search
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- Basicthinking: Bing: Die neue Visual Search kurz angetestet
- Mashable: Bing Launches Visual Search
- SerachEngineLand: Bing 2.0 “Visual Search” Launches, Allows Search By Pictures
- GoogleOperatingSystem: Bing Visual Search
- Golem: Bing bekommt eine visuelle Suchfunktion
5 Gedanken zu „Bing VisualSearch: Bildersuche im Internet neu definiert“
Super Artikel, das umständliche switchen auf die Englische Version mit dem Bild hat mir wieder ein schmunzeln auf den Mund getrieben :-) Es hat mich echt verwundert, das Microsoft bzw. Bing so einen innovative Idee hatte. Ich denke auch für den Shopping, Pro-dukt und Reisebranche könnte visual search richtig interessant werden.
Wo ich allerdings Probleme sehen ist die Übersicht. Jap Google ist im Zugzwang so was hat man bestimmte nicht in der Hinterhand.
ps. Die optimierten Serps sind auch wirklich sinnvoll und bieten für den Suchenden auch einen Mehrwert.
Hallo,
in meinen Augen ist das unnötiger Schnick-Schnack :/. Wenn ich eine „visuelle Suche“ haben möchte, dann suche ich halt direkt nach Bildern und werde dort auch jeweils die passenden Bilder finden. Im schlimmsten Fall bin ich eh nur einen Klick von den Bildern + Beschreibung entfernt, da die meisten Urlaubsziele direkt mit Bildern und Beschreibung auf den Seiten der Reisebüros zufinden sind.
Meine Fazit: Nice to have … aber auch nicht mehr …
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