Google muss Suchvorschläge (Autocomplete) im Zweifelsfall löschen

Google muss Suchvorschläge (Autocomplete) im Zweifelsfall löschen

Google Autocomplete
Google Autocomplete

Der Bundesgerichtshof hat heute ein Grundsatzurteil gefällt, dass die Google-Suche einschränkt. Allerdings geht es mitnichten darum, dass Google die autocomplete-Funktion gänzlich abschaffen müsse (wie in einigen Medien berichtet). Lediglich für den Fall, dass Google „Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlange“, muss der Suchmaschinenbetreiber diesen Vorschlag aus der Liste löschen. Drei Fragen ergeben sich daraus. Erstens: wer prüft, ob es sich tatsächlich um eine „rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts“ handelt. Zweitens: wie bzw. wo kann man das melden? Und drittens: wie lange ist der Spielraum zwischen „Melden“ und „Entfernen“? Ansonsten ist davon auszugehen, dass alles so bleibt wie es ist.

Die Autocomplete-Funktion, oder wie das BGH nun sagt: die „Suchergänzungsvorschläge“, sind eine praktische Sache. Man erspart sich insbesondere bei längeren Suchanfragen die Tipperei, wenn Google die gewünschte Wortkombination bereits selber vervollständigt und weitere Varianten in einer Liste vorschlägt. Grundlage dieser Suchvorschläge sind die Eingaben anderer Nutzer. Je öfter eine Kombination gesucht wird, um so weiter oben wird sie in der Liste angezeigt.

Google Suchvorschläge (Autocomplete)
Google Suchvorschläge (Autocomplete)

Die Funktion ist bereits in mehreren Fällen scharf kritisiert worden, vor allem bei der Ex-Bundespräsidentengattin Bettina Wulff.

Google Autocomplete Funktion
Google Autocomplete Funktion

Wie man sieht, hat Google bereits die umstrittenen Begriffe „Escort“ oder „Prostituierte“ aus der Liste entfernt. Die Richter haben in ihrem Urteil klar gesagt, dass Google erst ab Kenntnis haftbar ist. Die Funktion an sich, auch dass sie aus gesammelten Suchdaten generiert wird, steht nicht in Frage. Dazu heißt es:

Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte [Anm. Google] für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet. Der Beklagten ist nämlich nicht vorzuwerfen, dass sie eine Suchvorschläge erarbeitende Software entwickelt und verwendet hat, sondern lediglich, dass sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.

Wie eingangs erwähnt, sehe ich drei Fragen:

Wie und wo kann man eine Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts melden? Hier muss Google eine klar ersichtliche Lösung anbieten, die im Zweifelsfall rechtswirksam ist. Vermutlich wird ein Button in dem aufklappenden Suggest-Fenster integriert, der einen dann über endlose abschreckende Sicherheitsabfragen zu einem entsprechenden Formular führt.

Wer beurteilt, ob tatsächlich eine „Verletzung des Persönlichkeitsrechts“ vorliegt? Wenn wie im aktuellen Fall hinter dem Namen einer Person der Begriff „Betrug“ erscheint, und die betreffende Person wegen eines tatsächlichen Betrugs bekannt ist, ist dass dann eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes?

Technisch gesehen ist wahrscheinlich die Frage interessant, wie viel Zeit Google eingeräumt wird, den entsprechenden Suchvorschlag zu löschen? Eine Stunde? Ein Tag? Eine Woche? Ein Monat?

Wenn man sich die aktuellen Suchvorschläge anschaut, scheint es so, als hätte Google sowieso schon reagiert. Schaut man sich die Vorschläge zu „Uli Hoeneß“ an, dann kommt nicht wie „betrug“ oder „steuerhinterziehung“. Ich vermute, Google hat längst eine manuelle gepflegte Liste eingeführt, mit denen kritische Begriffe schon vorab entfernt werden. Bemerkenswert ist allerdings, dass das Urteil überhaupt Google einschränkt. Das kommt selten genug vor. Hier das Urteil im Originaltext: AZ VI ZR 269/12

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5 Gedanken zu „Google muss Suchvorschläge (Autocomplete) im Zweifelsfall löschen

  1. Hi Martin,

    Also deine erste Frage ist schon recht interessant, wobei du die Antwort ja selbst in dem Zitat eingangs lieferst: “rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts”

    Wir reden also über eine rechtswidrige Verletzung. Da sollte man denken, dass die Rechtswidrigkeit, zumindest in Deutschland, nur von einem Gericht festgestellt werden kann.

    Das führt jedoch gleich zur nächsten Frage, nämlich danach, ob eine Löschung der entsprechenden Suchvorschläge nicht eine Art von Zensur ist, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Rechtswidrigkeit gerichtlich festgestellt worden ist oder nicht.

    Zweitens würde wahrscheinlich genauso laufen, wie du schreibst, dass man sich durch einen Klickdschungel zu einer Beschwerdestelle arbeiten muss. Ob das rechtlich verbindlich ist, ist in der Tat eine offene Frage, daher würde ich einfach ein Einschreiben an die im Impressum genannte Adresse schicken, denn wenn ich mich richtig erinnern kann, gilt das dann als zugestellt, unabhängig davon, ob der Empfänger das zur Kenntnis nimmt oder nicht.

  2. Das ist nur ein weiterer Versuch, der Politik negativ Mitteilungen zu Reduzierungen. Das ist ja nicht das erste Mal, das die Parteien versuchen uns dumm zuhalten.

  3. Einerseits kann ich es verstehen, dann sich Personen, wie z.B. Frau Wulff, durch solche Google Suchvorschläge beleidigt und verletzt fühlen, andererseits finde ich es auch nicht richtig, diese Vorschläge zu löschen. Das ist ja reine Zensur.

  4. Hallo Martin!

    „Bemerkenswert ist allerdings, dass das Urteil überhaupt Google einschränkt. Das kommt selten genug vor.“

    Ich hätte eine Lösungsvorschlag (vor längerem durch eine Internet-Seite darauf aufmerksam gemacht):
    Tippt man ein: „alle juden“, wird so ergänzt: alle juden müssen sterben

    Noch krasser ist es beim ungarischen Google, obwohl über ein vergleichbares Urteil in Ungarn weiss ich nichts. (1. alle juden sind gauner; 2. alle juden werden hängen)

    Traurig, dass danach so viel gesucht wird, und die Empfindlichkeit der Betroffenen ist zu verstehen.

    Mit Gruß: Laszlo R.

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